Werner Reuter
Nahezu vierzig Jahre, seit einer Autofahrt durch Spaniens Norden, hat sich der Kölner Notar Dr. Werner Reuter mit dem Jakobsweg nach Santiago de Compostela befasst. Als es soweit war, dass er frei über seine Zeit verfügen konnte, machte er sich im April 2010 auf den Weg.
Vom Dreikönigenschrein im Kölner Dom ging er zu Fuß den 2600 Kilometer langen Weg, nicht gerechnet viele Kilometer an Umwegen, ausgerüstet mit zwölf Kilogramm Gepäck und vier kurz gefassten Reiseführern. Nach 99 Wandertagen ist er am Schrein des Apostels Jakobus in Santiago angekommen.
Bis auf einen Ruhetag war er jeden Tag unterwegs, im Durchschnitt 28 Kilometer. In der Gewissheit, der hl. Jakobus werde dafür sorgen, dass er nicht verhungern und auch nachts nicht erfrieren werde, konnte der Autor davon absehen, Tagespläne auszuarbeiten oder Nachtquartiere zu reservieren. Ihm wurde bald klar, dass nur wenige Eigenschaften erforderlich waren, aber auch ausreichten, den Weg zu schaffen: Anspruchs- und Bedürfnislosigkeit, eine gewisse Leidensfähigkeit, Freiheit von allzu viel Ängsten, dazu Lebensfreude und Gottvertrauen.
Der Weg führte den Autor durch die Eifel, über Trier und Schengen, durch Lothringen und Burgund über Metz und Beaune nach Taizé und Cluny, weiter nach Le Puy-en-Velay, durch das französische Zentralmassiv über Conques und Moissac, schließlich über die Pyrenäen nach Spanien. Der Camino de Santiago berührt dort Orte wie Pamplona, Puente la Reina, Burgos, Frómista, León, Astorga und Ponferrada. Am Cruz der Ferro legte der Autor einen Stein vom Kölner Dom nieder.
Das Pilgern ist für den Autor ein wichtiger Ausdruck der Religiosität des Menschen, ein sinnenhafter Ausdruck seines Weges zu Gott. Wenn er auch allein unterwegs war, beschreibt er, wie sehr auch die schwesterliche und brüderliche Gemeinschaft der Pilger den Reiz des Weges ausmacht.
Der Bericht des Autors endet mit folgenden Sätzen: „Ich warte darauf, dass mich bald manche um ein Resümee bitten werden. Sie werden fragen: Was hat der Weg mit dir gemacht? Bist du Gott oder deinen Nächsten näher gekommen oder hast du dich wenigstens selbst gefunden? Hat das Pilgern dich gelassener gemacht? Ich werde antworten: Wie soll ich das wissen? Ich stecke doch mit der Nase mitten drin. Die Zeit wird es weisen. Aber ich weiß, dass ich glücklich bin. Und das ist auch eine Frucht dieses Weges. Tief in unserem Herzen gibt es eine Freude, die uns in den frohen und schönen, aber auch in den leidvollen Augenblicken unseres Lebens trägt.“